Seit der ersten Ölkrise in den siebziger Jahren wird nach Erdölersatz gesucht. Die alternativen Treibstoffe wie Pflanzenöl und Biodiesel mussten 25 Jahre warten, ehe Ende der neunziger Jahre auch für sie der Durchbruch kam. Die 1975 errichtete Biokunststoffproduktion in England schloss im Jahr 2000 mangels Erfolg. Der erneute Ölpreisanstieg könnte nach über 30 Jahren auch im Automobilbau den Biokunststoffen zum endgültigen Durchbruch verhelfen. Die erste Alternative bei steigenden Kunststoffpreisen sind Naturfasern wie Flachs, Hanf, Kenaf usw., die sich als Faserverstärkungen in Verbundwerkstoffen eignen und damit einen Ausweg aus der Preisspirale für erdölbasierte Rohstoffe bieten. Anwendungsbeispiele dafür finden sich in Türinnenverkleidungen, Teppichmodulen und Hutablagen in nahezu allen Fahrzeugen der Mittel- und Oberklasse. Es wird erwartet, dass in diesem Jahr insgesamt rund 160000 Tonnen nachwachsender Rohstoffe im Automobilbau in Deutschland eingesetzt werden. Davon entfallen etwa 47000 Tonen auf die naturfaserverstärkten Kunststoffe (NFK). Ford verwendet in seinen europäischen Fahrzeugmodellen bereits über 290 Bauteile aus nachwachsenden Rohstoffen mit einem Gesamtgewicht von 27000 t. VW ersetzt schon in verschiedenen Baureihen die erdölbasierten Polyurethanschäume in den Teppichmodulen der Bodendämpfung durch so genannte Faserabsorber, die der Wittener Lieferant HP Pelzer im Faserflockverfahren aus recycelten Baumwolltextilfasern herstellt. Beim VW Fox aus brasilianischer Fertigung finden sich die exotische Ananasfaser Curaua als Bestandteil des Dachhimmels und Sisalfasern im Schiebedachüberzug. DaimlerChrysler setzt neben Flachs, Hanf, Sisal und Kokos im Innenraum als einziger Hersteller Naturfaser auch im Exterieur ein. Die vom Lieferanten Rieter im Faserformverfahren hergestellte Reserveradmulde der Mercedes A-Klasse enthält 25 Gewichtsprozent Abaca-Bananen-Fasern von der Insel Leyte. Im 7er BMW sind etwa 24 kg nachwachsende Rohstoffe verbaut, davon 13 kg Naturfasern in den Türverkleidungen und in den Schallisolierungen. Insgesamt benötigte BMW im Jahr 2005 über 10000 t Naturfasern für die Fahrzeugproduktion. BASF hat Ende vergangenen Jahres so genannte Wachstumscluster definiert und will mit 520 Millionen Euro die Rohstoffforschung bis 2008 vorantreiben. Besondere Hoffnungen setzt das Unternehmen in ein Verfahren, mit dem sich biologische Kunststoffe PHB chemisch aus Cellulose herstellen lassen. Ein Blick nach Japan zeigt, dass Toyota und Mazda wieder einen Vorsprung vor deutschen Konkurrenten gewonnen haben. So präsentierte Mazda im Mai dieses Jahrers einen unweltfreundlichen Biokunststoff für den Automobilinnenraum, der zu 88 % aus Polymilchsäure (PLA) auf Getreidebasis und nur noch zu 12 % aus Erdölsubstanzen besteht. Noch weiter ist Toyota, das bereits seit 1998 auf dem japanischen Markt PLA-Kunststoffe im Armaturenträger der beiden Fahrzeugmodelle Prius und Raum einsetzt. Toyota rechnet damit, dass Bioplastik im Jahr 2020 bereits 20 % der Weltplastikproduktion ausmacht und will in diesem Marktsegment einen Unsatz von etwa 38 Milliarden US-Dollar generieren. Das Marktpotenzial von nachwachsenden Rohstofen wird sich immer daran orientieren, ob der Preis wettbewerbsfähig ist.
Bauer schlägt Sultan
Farmers beat oil sheikhs
Automobil Industrie ; 51 , 11 ; 34-38
2006
4 Seiten, 10 Bilder, 1 Tabelle
Article (Journal)
German
Anwendung im Fahrzeugbau , Pkw (Personenkraftwagen) , Biomasse , nachwachsender Rohstoff , pflanzliche Faser , Automobilindustrie , Kunststoffkarosserieaußenteil , Kunststoffkarosserieinnenteil , Textilauskleidung , Marktanalyse , zukünftiger Bedarf , Polylactid , Polylactidfaser , Marktsegment , Prognose , Wettbewerbsfähigkeit , Trend (Entwicklung) , technische Entwicklung
Bauer schlaegt Sultan - Kunststoffe auf der Basis von Biomasse
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