Hier wird der Leidensweg eines Motorradbesitzers beschrieben, der die vorhandene Auspuffanlage an seinem Motorrad durch eine aus seiner Sicht unverrottbaren V2A-Auspuffanlage mit italienischem Sound ersetzt. Schon nach kurzer Zeit verblasste der knackige Sound und wurde durch ein Geräusch ersetzt, welches mit dem Originalton nichts mehr gemein hatte. Nach kurzer Zeit fiel der Auspuff beim Überfahren einer Unebenheit auf der Strasse vollständig ab. Der Motorradfan verstand die Welt nicht mehr, hatte er doch für seine Auspuffanlage den besten Stahl der Welt gewählt, nämlich V2A. Seine Nachforschungen ergaben, dass diese Bezeichnung auch in der neuen europäischen Norm EN 10 088 nicht enthalten war. Auch in den Stahl-Eisen-Werkstoffblättern (SEW) des Vereins deutscher Eisenhüttenleute fand er keine Hinweise. Weitere Recherchen führten zu einem Patent des Kaiserlichen Patentamtes mit der Nummer 304126 aus dem Jahre 1912. Hier fand er eine Erklärung für die Bezeichnungen 'V' für Versuchsreihe, '2' für die Anzahl der Versuchsreihen und 'A' als Hinweis auf ein austenitisches Gefüge (V2A). Der hieraus weiterentwickelte Stahl wurde zum X12CrNi 18 8 der nun seit einigen Jahrzehnten durch den X5CrNi 18 10 mit der Werkstoffbezeichnung 1.4301 ersetzt wurde. Hierbei handelt es sich um einen unstabilisierten metastabilen austenitischen Chrom-Nickel-Stahl mit all seinen Vorzügen, aber auch Einschränkungen. Die metallografische Untersuchung durch einen Fachmann ergaben im Krümmerbereich zahlreiche kleine Oberflächenrisse, die zunächst zur Undichtigkeit führte. Der Abrisss der Abgasanlage selbst war auf den Zerfall des Werkstoffgefüges durch Kornzerfall (interkristalline Korrosion) herbeigeführt worden. Dieser Stahl gilt zwar als korrosions- und säurebeständig bei Anwendung mit geringer Wärme- und Feuchtigkeitsbelastung. Beides war hier nicht gegeben, die heissen Abgase und das Kondenswasser führten zu einem Entmischungsprozess bei etwa 475 Grad C wo der Deltaferrit in eine eisenreiche ferromagnetische und eine chromreiche paramagnetische Phase umgewandelt wird. Dies ist das Phänomen der sogenannten 475 Grad C Versprödung. Kritisches Prüfen und Informieren über Werkstoffe für den Bereich von Abgasanlagen hätte diesen Motorradfan wahrscheinlich zu einem hitzebeständigen und vollaustenitischen Stahl wie den X15CrNiSi 20 12 (1.4828) geführt und viel Ärger und Kosten erspart.


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    Titel :

    Aus und verpufft - Noch einmal eine fast wahre Geschichte


    Beteiligte:
    Schuster, J. (Autor:in)


    Erscheinungsdatum :

    2003


    Format / Umfang :

    6 Seiten, 7 Bilder, 8 Quellen



    Medientyp :

    Aufsatz (Zeitschrift)


    Format :

    Print


    Sprache :

    Deutsch




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